Lernstrategien fürs Studium: Das Gedächtnis

So nutzt du sein das Potenzial!

Das Studium ist eine Zeit des intensiven Lernens, der Selbstentdeckung und der Herausforderungen. Während dieser Phase bist du ständig damit konfrontiert, neue Informationen aufzunehmen, zu verarbeiten und zu behalten. Doch warum bleiben manche Informationen haften, während du andere trotz stundenlangen Paukens vergisst? Die Antwort liegt in deinem Gedächtnis.
In diesem ersten Teil wirst du einen Überblick über dein Gedächtnis bekommen und das Kurzzeitgedächtnis, als erste wichtige Station im Lernprozess, genauer kennenlernen. Darüber hinaus erhältst du Werkzeuge, die effizientes Lernen ermöglichen. Im zweiten Teil erfährst du, wie du Informationen langfristig speicherst.

Das Drei-Speicher-Modell

Das Drei-Speicher-Modell ist ein Schlüsselkonzept, das den Lernprozess veranschaulicht.1 Es unterteilt das Gedächtnis in sensorisches, Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis.Lernen bedeutet nichts anderes, als die Informationen ins Langzeitgedächtnis abzulegen.2

Dein Gehirn agiert dabei ökonomisch und selektiv: nur Relevantes wird gespeichert. Der Trick beim Lernen? Diese Filter zu umgehen und deinem Gehirn zu signalisieren: »Das ist wichtig!« Das Kurzzeitgedächtnis, auch »Arbeitsspeicher«, ist dabei entscheidend. Hier findet die aktive Informationsverarbeitung statt. Mit dem Verständnis dieses Modells kannst du Lernstrategien gekonnt anwenden.

Funktionsweise des Kurzzeitgedächtnisses

Stell dir folgende Situation vor: Du sitzt in einer Vorlesung. Du versuchst dem Dozierenden zu folgen, Informationen zu verknüpfen und das Wesentliche zu erfassen. Genau dabei hilft dir dein Arbeitsspeicher. Die Herausforderung: die Kapazität deines Arbeitsspeichers ist begrenzt. Er kann nur sieben ± zwei sogenannte »Chunks« gleichzeitig speichern. Ein »Chunk« ist eine Informationseinheit, die einen klaren inhaltlichen Sinn hat.3

Nehmen wir die Telefonnummer 017514038792. Wenn jede Zahl einzeln steht, belegt sie 12 Plätze in deinem Arbeitsspeicher – zu viel. Aber wenn du sie in sinnvolle Einheiten wie 0175 und 14.03 (als Geburtstag) unterteilst, reduzierst du die 12 Zahlen auf weniger Chunks, siehe Abbildung 2. Das ist der Schlüssel: Je mehr Vorwissen du hast und bewusst nutzt, desto effizienter kannst du Informationen in Chunks unterteilen und behalten. Aber Vorsicht: Andere mentale Prozesse, wie Ablenkungen oder die Komplexität der Arbeitstechnik beanspruchen ebenfalls Platz in deinem Arbeitsspeicher.

Praktische Tipps für das Kurzzeitgedächtnis

Mit den richtigen Strategien und Techniken kannst du die Effizienz und Kapazität erheblich steigern. Hier sind einige bewährte Methoden, um das Beste aus deinem Kurzzeitgedächtnis herauszuholen:

Techniken zur Verbesserung der Aufmerksamkeit
  1. Lerne fokussiert: Um effektiv zu lernen, ist es wichtig, Ablenkungen zu minimieren. Dein Arbeitsspeicher überprüft ständig – ohne dass du das bewusst mitbekommst – ob und was um dich herum passiert. Lege dein Handy beiseite, meide soziale Netzwerke und suche dir einen ruhigen Lernort.
  2. Vermeidung von Multitasking: Das gleichzeitige Erledigen mehrerer Dinge kann dein Kurzzeitgedächtnis schnell überfordern. Konzentriere dich lieber auf eine Sache nach der anderen. 
  3. Räume dein Gedächtnis leer: Bevor du mit dem Lernen beginnst, schaffe Platz in deinem Kopf. Eine kurze Entspannungsübung kann Wunder wirken. Das kann eine einfache Atemübung, eine kurze Meditation, Handmassage, progressive Muskelentspannung oder leichte körperliche Bewegung sein. 
Übungen zur Steigerung der Kapazität des Kurzzeitgedächtnisses:
  1. Chunking bewusst einsetzen: Das Erstellen eines Spickzettels ist eine effektive Methode, um das Chunking-Prinzip bewusst anzuwenden. Ein guter Spickzettel sollte übersichtlich sein und nicht mit Informationen überladen werden. Stattdessen sollte er die wichtigsten Assoziationen in Form von Stichworten oder »Chunks« enthalten. Dies zwingt dich dazu, Informationen zu bündeln und nur das Wesentliche festzuhalten. Ein optimal gestalteter Spickzettel konzentriert sich also auf die Schlüsselinformationen, die notwendig sind, um andere Gedächtnisinhalte zu aktivieren. Es geht weniger um den Inhalt des Zettels selbst, sondern vielmehr um den Prozess des Bündelns und Organisierens – ein lernpsychologisch wertvoller Vorgang.
  2. 7er-Regel: Lerne pro Lernsession nicht mehr als sieben Inhalte. Das kann so aussehen: du teilst deinen Lernstoff in Gruppen von sieben Hauptpunkten. Denke darüber nach, welche Themen miteinander in Verbindung stehen und gemeinsam behandelt werden können. Pro Lerneinheit (z.B. 60 Minuten), lernst du eine dieser Gruppen. Spätestens dann machst du eine Pause.  
  3. Mnemotechniken: Eselsbrücken, Reime oder kleine Geschichten können als Chunks wirken und helfen, sich an komplexe Informationen zu erinnern. Häufig helfen auch Bilder, um Infos zu kombinieren und zusammenzupacken. So dient der Begriff »SENFPATE« als Eselsbrücke für die Merkmale eines Gewerbes nach dem Handelsrecht: Selbstständige, Entgeltliche, Nicht Freiberufliche, Planmäßige, nach Außen gerichtete Tätigkeiten, die Erlaubt ist.

Fazit

Ein gezieltes Training deines Kurzzeitgedächtnisses und der Einsatz der vorgestellten Methoden kann deinen Lernerfolg entscheidend beeinflussen. Probiere diese Techniken selbst aus und entscheide, was für dich funktioniert.

Dein Kurzzeitgedächtnis ist nur ein Teil deines gesamten Gedächtnissystems. Im nächsten Beitrag lernst du mehr über dein Langzeitgedächtnis, den Ort für dauerhafte Erinnerungen. Dort warten weitere Tipps auf dich, um das Gelernte fest zu verankern. Bleib gespannt!

@kathimoldan
Kathi Moldan

Kathi Moldan ist Expertin für produktives und ausgeglichenes Studieren. Mit ihrem Studium in Biologie, Chemie, Psychologie sowie ihren Tätigkeiten in der psychologischen Forschung und Lehrerfahrung unterstützt sie als systemische Coach und Lerncoach Studierende, ihr Potenzial voll auszuschöpfen.


Quellen:

1Vgl. Hofmann E. & Löhle M. (2016): "Erfolgreich Lernen. Effiziente Lern- und Arbeitsstrategien für Schule, Studium und Beruf". 3. überarbeitete Auflage. Hogrefe-Verlag: Göttingen.
2Vgl. ZSB Universität Paderborn (2020): "DAS DREI-SPEICHER-MODELL: SO BLEIBT DER LERNSTOFF IM GEDÄCHTNIS" unter: https://groups.uni-paderborn.de/zsb-fit-fuers-studium/index.php/wissenschaftliches_lernen/das-drei-speicher-modell-so-bleibt-der-lernstoff-im-gedaechtnis/ [Stand 08.11.2023] & Hofmann E. & Löhle M. (2016): "Erfolgreich Lernen. Effiziente Lern- und Arbeitsstrategien für Schule, Studium und Beruf". 3. überarbeitete Auflage. Hogrefe-Verlag: Göttingen.
3Vgl. Machowiak K. & Lauth G.W. et.al. (2008): "Förderung von Lernprozessen". W. Kohlhammer Verlag: Stuttgart.

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