So hilft dir Sport
im Umgang mit Stress

Es ist Prüfungszeit: Mein Nacken ist verspannt, die Kopfschmerzen melden sich, ein Kommilitone klagt über Kieferschmerzen, eine Freundin erzählt mir, wie schlecht sie schläft und eine weitere Kommilitonin berichtet über ihren Appetitverlust und dass sie in der Lernzeit auf ihr Frühstück verzichtet. Stress kennen wir wohl alle. Unser Körper gibt uns Warnzeichen, wenn die Dauerbelastung zu viel wird. Warum du diese nicht ignorieren solltest und wie dir Sport beim Stressabbau helfen kann, erfährst du in diesem Artikel.

Was ein Säbelzahntiger mit deiner Prüfung zu tun hat

Grundsätzlich ist Stress nicht »böse«. Wenn du eine Situation als »bedrohlich« empfindest, gerät dein Körper unter Stress. Stresshormone werden ausgeschüttet, deine Herzfrequenz steigt, du schwitzt, die Muskeln spannen sich an und du atmest schneller. Das ist eine natürliche Reaktion auf eine Stresssituation, denn dein Körper möchte dich auf einen »Kampf« oder eine »Flucht« vorbereiten. Durch diese physiologische Reaktion deines Körpers werden Energiereserven bereitgestellt, damit du für den Stressmoment möglichst leistungsfähig bist. Sprich, wenn deine Vorfahren einem Säbelzahntiger gegenüberstanden, gerieten sie unter Stress und die körperliche Reaktion half, um für die Gefahr gewappnet zu sein. Heutzutage stehen wir selten lebensbedrohlichen Herausforderungen gegenüber, aber da wir Situationen wie Prüfungen, schwierige Konversationen oder Präsentationen subjektiv als »Bedrohung« wahrnehmen, gerät der Körper in Stress und die physiologische Stressreaktion wird ausgelöst. Meine Uni-Prüfungen sind zwar kein gefährlicher Säbelzahntiger, aber dennoch merke ich, wie verschwitzt meine Hände sind und wie mein Herz pulsiert, wenn ich den Raum betrete.

Gesundheitliche Risiken von (Dauer-)Stress

Die Stressreaktion wäre kein Problem, wenn nach der Stresssituation eine Ruhephase oder ein »Auspowern« erfolgen würde. Die Vorbereitung auf Angriff und Flucht war ursprünglich biologisch zweckmäßig zur Bewältigung der Anforderungen, denen Tiere und auch der Urmensch ausgesetzt waren. Die Bewältigung folgte anschließend auf körperlichem Wege, eben durch Kampf oder Flucht und die Stressreaktion wurde zu ihrem natürlichen Ende gebracht. Die bereitgestellten Zucker- und Fettreserven wurden verbraucht. Allerdings erfolgt heutzutage auf eine Stressreaktion häufig keine körperliche Bewältigung. Folge: Die bereitgestellte Energie wird nicht verbraucht, Fett, Zucker und verklumpte Blutplättchen verstopfen die Blutbahn. Neben psychischen Problemen können als langfristige Folge Arteriosklerose oder auch Infarkte in Herz, Lunge oder Gehirn auftreten.1

 Zudem ist durch die Herausforderungen des Alltags Dauerstress zu einer Hauptbelastung geworden. Wenn über Monate bis Jahre die Stressoren2 und deren Stressreaktion bestehen bleiben, kann dies schwere körperliche und psychische Folgen haben. Der Organismus verliert seine natürliche Fähigkeit zur Selbstregulation, wenn er sich ständig in einem erhöhten Widerstandsniveau befindet. Der Blutdruck bleibt chronisch erhöht, Muskeln sind ständig angespannt und schmerzhaft und die Erholung im Schlaf erfolgt immer langsamer.

Was ein Säbelzahntiger mit deiner Prüfung zu tun hat

Wie sehr uns etwas stresst, ist (meist) subjektiv. Sprich, für eine Person kann eine Prüfung eine absolute Horrorsituation sein, weil sie sehr perfektionistisch ist und Angst vor dem Versagen hat, während eine andere Person die Situation lockerer sieht und dadurch weniger gestresst ist.3

Deshalb sind im Umgang mit Stress die Veränderung der subjektiven Bewertung sowie die kognitive/psychische Komponente und die körperliche Bewältigung entscheidend. Dass Sport für die Herzgesundheit4 wertvoll ist und die Blutfette5 senkt, ist kein Geheimnis. Weitere, interessante Vorteile von regelmäßigem Training sind:

  • Depressive Symptome und innere Unruhe können gesenkt werden6 7
  • Die kognitive Leistungsfähigkeit kann verbessert werden
  • Die Gehirngesundheit kann gestärkt werden8
  • Auf psychologischer Ebene werden die Selbstwirksamkeit sowie die Widerstandsfähigkeit/Resilienz gestärkt9

Unsere Psyche und unser Körper sind eng miteinander verknüpft. Sport wirkt also einerseits stressreduzierend und gleichzeitig ressourcenstärkend. Ersteres ist der Fall, wenn sportliche Aktivitäten dazu beitragen, dass bestimmte Stressoren gar nicht erst auftreten (z.B. Vorbeugung von Rückenschmerzen). Zudem wirken die physiologischen Prozesse wie Ausschüttung von bestimmten Hormonen oder der entspannende Effekt nach dem Training auf das psychische Wohlbefinden. Ressourcen werden gestärkt, indem sich das körperliche Training auf den Stressbewältigungsprozess auswirken. Beispielsweise kann Bewegung im Umgang mit Emotionen helfen und das Selbstvertrauen aufbauen. Interessanterweise kann ein trainierter Körper auch besser mit Stress umgehen und erholt sich schneller von belastenden Situationen. 

So hilft Sport gegen Stress

Kommen wir noch zu ein paar praktischen Tipps: 

  • Regelmäßiges Ausdauertraining (z.B. Laufen, Fahrradfahren, Schwimmen) scheint den größten Vorteil für die Gesundheit zu haben. Allerdings ist das Wichtigste, dass du eine Sportart findest, die dir Spaß macht. Dies kann z.B. auch Tanzen oder Klettern sein. 
  • Die Einheiten können kurz und von moderater Intensität sein. Als Anfänger/in reichen 10-15 Minuten. 
  • Das Training sollte regelmäßig erfolgen. Die positiven Effekte erlangen wir erst, wenn das Training über mehrere Wochen absolviert wird.
  • Mehrere kürzere Einheiten sind wirkungsvoller als eine lange Einheit. 

Die Frage, welche Sportart den stärksten Stresspuffereffekt verspricht, kann nicht abschließend beantwortet werden. Ist eine Person gestresst, weil sie sozial isoliert ist, sind Gruppenaktivitäten empfehlenswert. Fühlt sich eine Person gestresst, weil sie über ein geringes Selbstwertgefühl verfügt, sind Aktivitäten sinnvoll, die Erfolgserlebnisse vermitteln. Ist eine Person gestresst, weil sie andauernd über ihre ungelösten Probleme nachdenken, können klassische Ausdauersportarten wie Jogging oder Radfahren kontraproduktiv sein. Vielmehr sind Sportarten gewinnbringend, die Abwechslung erzeugen und von den Sporttreibenden ein im Hier-und-Jetzt-Sein erfordern (z.B. Klettern, Spielsport, Tanz). Insgesamt lässt sich sagen: Jeder muss seinen persönlichen Weg zum Thema Stressregulation durch Sport finden.10

Fazit

Bewegung ist eine wertvolle Säule des erfolgreichen Stressmanagements. Es erfordert Geduld und Disziplin eine Sportroutine aufzubauen, aber langfristig wird sich dies bezahlt machen. Teste neue Sportarten, nimm Freund/innen mit und sei neugierig. So wirst du mit der Zeit spüren, wie regelmäßige Bewegung zur Lebensqualität beitragen kann. Du schaffst das!

@klarafuchs
Klara Fuchs

Klara Fuchs ist Autorin, Sportwissenschaftlerin, Dipl. Mentaltrainerin und Medizinstudentin. Auf ihren Social Media Kanälen motiviert sie mit hilfreichen Tipps und gibt ihr Wissen weiter.


Quellen:

1Vgl. Kaluza, G. (2018): "Gelassen und sicher im Stress". Springer-Verlag: Berlin Heidelberg.
2Als Stressor gilt ein Reiz, der eine Stressreaktion auslöst. Diese können u.a. subjektiv, psychisch oder physisch entstehen. Zum Beispiel: Hitze, Schmerzen, Perfektionismus, geringes Selbstwertgefühl, chronische Erkrankugen, Leistungsdruck…
3Vgl. Lazarus, R.S. & Folkman, S. (1984): "Stress, appraisal, and coping". Springer: Berlin, Heidelberg, New York.
4Vgl. Nystoriak, M.A. & Bhatnagar, A. (2018): "Cardiovascular Effects and Benefits of Exercise". In: Front Cardiovasc Med. 2018;5, S. 135. 
5Vgl. Haskell, W.L (1984): "The influence of exercise on the concentrations of triglyceride and cholesterol in human plasma". In: Exerc Sport Sci Rev. 1984;12, S. 205-244. 
6Vgl. Herring, M.P.; O'Connor, P.J. & Dishman R.K. (2010): "The effect of exercise training on anxiety symptoms among patients: a systematic review". In: Arch Intern Med. 2010;170(4), S. 321-331.
7Sporttherapie kann sogar als Zusatz zur regulären Therapie bei psychiatrischen Erkrankungen eingesetzt werden.
8Vgl. Cotman, C.W.; Berchtold, N.C. & Christie, L.A. (2007): "Exercise builds brain health: key roles of growth factor cascades and inflammation". In: Trends Neurosci. 2007;30(9), S. 464-472.
9Vgl. Eime, R.M.; Young, J.A.; Harvey, J.T.; Charity, M.J. & Payne, W.R. (2013): "A systematic review of the psychological and social benefits of participation in sport for children and adolescents: informing development of a conceptual model of health through sport". In: Int J Behav Nutr Phys Act, 2013, S. 10-98.
10Vgl. Mooren, F.C. & Reimers, C.D. (2018): Praxisbuch Sport in Prävention und Therapie. Elsevier: München.

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