Welche Haltung am Schreibtisch ist gut oder schlecht?

»Sitz gefälligst gerade auf deinem Stuhl, sonst bekommst du Rückenschmerzen und einen krummen Rücken!« Kennst du diesen Spruch auch? Doch stimmt das überhaupt? Wie sind die Zusammenhänge zwischen deiner Haltung am Schreibtisch und Verspannungen? Und wie gestaltest du deinen »Mikrokosmos Schreibtisch« am besten? Auf all diese Fragen bekommst du in diesem Beitrag eine Antwort und am Schluss noch ein paar Tipps für die Gestaltung deines Schreibtisches. 

Der Mythos: Es gibt sie, die ideale Haltung am Schreibtisch

Fragst du dich auch immer wieder, wie du dich am besten an den Schreibtisch setzen solltest? Ich habe meine Eltern noch im Ohr, dass ich mich gefälligst »ordentlich« hinsetzen soll. Doch was bedeutet eigentlich »ordentlich« oder »gerade«? Für die meisten Menschen sieht eine gesunde Haltung so aus wie im linken Bild, eine schlechte Haltung wie auf dem rechten Bild. Mit einer schlechten Haltung werden oft ein runder Rücken und ein vorgeschobener Kopf sowie vorgebeugte Schultern assoziiert.

Im Gegenzug wird eine gerade Körperhaltung (Rücken aufrecht, Schultern zurück) mit einer gesunden Haltung gleichgesetzt. Das weckt den Glauben, dass du dir mit einer »schlechten« Haltung gesundheitlich schadest. Wenn man dazu in die Literatur schaut, dann stimmt das so nicht. In Bezug auf die Entstehung von unteren Rückenschmerzen scheint Sitzen im Allgemeinen (weder die Dauer, noch die Haltung) keinen Einfluss zu haben.1 Das Gleiche scheint für die Position deines Nackens und Nackenschmerzen der Fall zu sein.2 3 Das sind gute Nachrichten und du brauchst dir keine Sorgen zu machen, wenn du mal mit einem krummen Rücken am Schreibtisch sitzt. Das ist völlig in Ordnung so. Aber Stopp! Warum fühlt man sich nach einem Tag am Schreibtisch, an dem man so richtig schön rumgelümmelt hat, oft so verspannt? Warum ist es denn dann so angenehm, sich zu recken und zu strecken und sich gerade hinzusetzen? Die Antwort ist eigentlich ganz einfach. Wir Menschen sind für Bewegung gemacht und nicht dafür, stundenlang in einer Position zu verharren. Das ist auf seine eigene Art und Weise anstrengend. Hast du schon mal versucht, deinen Arm für längere Zeit nach vorne zu strecken und diese Position zu halten? Das geht ein oder zwei Minuten ganz gut, danach wird es richtig anstrengend. Spätestens ab einer Dauer von fünf Minuten brennt dein Arm wie Feuer und du kannst irgendwann nicht mehr. Genau so geht es auch deinem restlichen Körper, wenn er den ganzen Tag in der gleichen Position war. Dabei ist es egal, in welche Haltung. Dein Körper möchte dir mit dem Verspannungsgefühl nur eines sagen: Verändere etwas! Deshalb ist die Antwort auf die Frage, welche Haltung die beste ist: die Nächste!

Wechsle deine Sitzposition so oft, wie es für dich angenehm ist

Idealerweise hast du an einem langen Lerntag nicht nur eine Sitzposition, sondern ganz viele verschiedene. Dabei kannst du ruhig kreativ werden, zum Beispiel, indem du dich im Schneidersitz auf deinen Stuhl setzt oder nur ein Bein unterschlägst. Du kannst die Beine auf den Tisch legen oder dich für eine kurze Zeit vor deinen Schreibtisch hocken, zum Beispiel, wenn du liest. Das Wichtigste ist: Bewege dich in deinem »Mikrokosmos Schreibtisch« so viel wie möglich und habe keine Angst vor einer schädlichen Haltung.

Warum ist eine aufrechte Körperhaltung trotzdem sinnvoll?

Kommen wir noch einmal zum Thema Körperhaltung. Wir haben ja schon geklärt, dass eine krumme Körperhaltung nicht schlimm ist. Aber es gibt ein paar Gründe, warum es für dich sinnvoll ist, auch aufrecht zu sitzen und das auch immer wieder zu tun. 

Zum einen ist unser Körper ein sehr effizienter Organismus, denner passt sich ideal an seine Umwelt an. Wenn du also immer mit rundem Rücken sitzt und dich nie aufrichtest, dann werden die Muskeln stärker, die dich in dieser krummen Position halten, und du wirst weniger beweglich in der Aufrichtung. Das ergibt aus Sicht deines Körpers auch Sinn, ist aber ungünstig, wenn du zum Beispiel Volleyball spielen willst. Denn dann brauchst du die Beweglichkeit in der Streckung, um einen Ball schlagen zu können. 

Ein anderer Grund ist der Zusammenhang zwischen der Körperhaltung und unseren Emotionen. Die Körperhaltung ist ein Ausdruck unseres Innenlebens. Wenn wir selbstbewusst sind, stehen wir aufrecht und stolz da, die Schultern sind zurückgestreckt, der Körper groß. Wir zeigen uns und sind präsent. Im Gegensatz dazu machen wir uns klein, wenn wir traurig sind und es uns nicht gut geht. Wir krümmen den Rücken, ziehen die Schultern vor und »schützen« unsere Körpermitte. Außerdem haben wir über die bewusste Körperhaltung die Möglichkeit, unsere Stimmung zu beeinflussen. In einer mündlichen Prüfung sind und wirken wir beispielsweise selbstbewusster, wenn wir aufrecht dastehen und uns »präsentieren«. 

Wie kannst du eine gerade Körperhaltung trainieren? Es gibt Studien, die gezeigt haben, dass Menschen, die mehr Sport machen, auch eine aufrechtere Körperhaltung haben.4 Und das bringt uns direkt zum nächsten Punkt: Mehr Bewegung in deinen Lernalltag zu integrieren.

Baue aktive Pausen ein

Eine gute Ergänzung zu deinem Schreibtisch-Alltag sind aktive Pausen. Baue diese bewusst in deinen Alltag ein. Stelle dir zum Beispiel alle 45 Minuten bzw. alle 90 Minuten (spätestens!) einen Wecker und steh auf. Entweder du machst einen kleinen Spaziergang oder du nutzt die Zeit für ein paar Übungen (es gibt auch tolle Übungen, die du direkt am Schreibtisch machen kannst). Danach bist du garantiert wacher und frischer als nach einer Tasse Kaffee oder einem Club Mate. Auch deine Muskeln werden sich nicht mehr so steif anfühlen, sondern geschmeidig und gut durchblutet sein. Wenn du nicht zu Hause, sondern in der Uni bist, kannst du die Zeit zwischen den Vorlesungen zum Beispiel für einen Spaziergang nutzen, anstatt dich direkt wieder in die Mensa oder auf die Wiese zu setzen.

Wie kannst du es dir selbst am Schreibtisch leichter machen?

Ist dein einziger Computer ein Laptop? So ein Gerät ist nützlich, da er leicht ist und überall zum Einsatz kommen kann. Er hat aber einen Nachteil: Um auf den Bildschirm schauen zu können, musst du entweder runter schauen oder du musst dich kleiner machen und dann geradeaus schauen.

Wie schon erklärt, ist die Haltung an sich nicht das Problem. Das Problem ist eher, dass du kaum Möglichkeiten hast, deine Haltung zu verändern. Und dann sind wir wieder bei der gleichen Haltung, die du über einen langen Zeitraum einnimmst. Deshalb ist ein externer Bildschirm für zu Hause eine super Ergänzung für deinen Schreibtisch. Dadurch hast du die Möglichkeit, auch geradeaus zu schauen und dich anders hinzusetzen. Außerdem hast du automatisch etwas Variation in deiner Kopfhaltung, wenn du beide Bildschirme benutzt. Gebraucht bekommst du einen externen Computerbildschirm (wenn es nicht das neueste Modell sein muss) auch schon für kleines Geld.

Fazit: Die Dosis macht den Unterschied

Es gibt keine gute oder schlechte Haltung. Viel entscheidender ist, wie viel du dich in deinem Alltag bewegst. Das gilt nicht nur für deine Freizeit, sondern auch für deine Zeit am Schreibtisch und in der Uni. Nutze aktive Pausen, um den Kreislauf in Schwung zu bringen und müde Muskeln wieder zu entspannen und geschmeidiger zu machen. Bewege dich auch in deinem »Mikrokosmos Schreibtisch« so viel wie möglich und wechsle deine Position regelmäßig. Das hilft ebenfalls, Verspannungen vorzubeugen. Regelmäßiger Sport in der Freizeit verbessert zusätzlich deine körperliche Fitness und hilft dir, dich auch an langen Lerntagen gut und fit zu fühlen.

BARMER Campus Coach

Der BARMER Campus Coach unterstützt dich mit wertvollem Wissen, hilfreichen Strategien, spannenden Online-Events und unterhaltsamen Beiträgen dabei, gesund und entspannt durchs Studium zu kommen.


Quellen:

1Vgl. Swain, C. T. V.; Pan, F.; Owen, P. J.; Schmidt, H. & Belavy, D. L. (2020): "No consensus on causality of spine postures or physical exposure and low back pain: A systematic review of systematic reviews". In: Journal of Biomechanics, Bd. 102, S. 109-312.
2Vgl. Richards, K. V.; Beales, D. J.; Smith, A. J.; O’Sullivan, P. B. & Straker, L. M. (2016): "Neck Posture Clusters and Their Association With Biopsychosocial Factors and Neck Pain in Australian Adolescents". In: Physical Therapy, Bd. 96 (10), S. 1576-1587.
3Vgl. Straker, L. M.; O’Sullivan, P. B.; Smith, A. J.; Perry, M.C. & Coleman, J. (2008): "Sitting spinal posture in adolescents differs between genders, but is not clearly related to neck/shoulder pain: an observational study". In: Australian Journal of Physiotherapy, Bd. 54 (2), S. 127-133.
4Vgl. Richards, K. V.; Beales, D. J.; Smith, A. J.; O’Sullivan, P. B. & Straker, L. M. (2016): "Neck Posture Clusters and Their Association With Biopsychosocial Factors and Neck Pain in Australian Adolescents". In: Physical Therapy, Bd. 96 (10), S. 1576-1587.

Du bist noch nicht angemeldet?