Sicherlich ist dir schon mal aufgefallen, dass sich dein Körper in Stresssituationen anders verhält als in Ruhephasen. Vielleicht spürst du, wie dein Herzschlag schneller schlägt, dein Atem sich beschleunigt und Gefühle von Wachheit oder Angst auftauchen. Diese Stressanzeichen zu erkennen und passende Bewältigungsstrategien zu nutzen, ist entscheidend, um deinen Organismus nicht zu überbeanspruchen und ausreichend Regenerationsphasen einzuplanen. Dieser Artikel erklärt, wie das autonome Nervensystem mit unserem Stresserleben zusammenhängt und wie du dieses Wissen über Emotionen und Körpersignale nutzen kannst, um mit reguliertem Nervensystem gelassener durch den Alltag zu navigieren.
Stress wird oft negativ konnotiert, aber eigentlich bedeutet er zunächst mal nur, dass der Organismus auf besondere Weise beansprucht wird. In der richtigen Dosis und mit ausreichend Erholungspausen kann uns Stress beflügeln und die Leistungsfähigkeit steigern (Eustress). Ist der Stress jedoch zu stark oder langanhaltend, kann er belastend und gesundheitsschädlich werden (Distress). Das Stresserleben ist individuell – was für die eine Person stressig ist, kann für eine andere reizvoll sein. Dennoch gibt es grundlegende Ähnlichkeiten, die uns helfen können, Stress besser zu verstehen und darauf zu reagieren.
Vielleicht ist dir der Begriff eines regulierten Nervensystems bekannt. Das autonome Nervensystem steuert größtenteils unbewusst lebenswichtige Körperfunktionen wie Verdauung, Stoffwechsel, Herzschlag und Atmung. Die zwei Hauptzweige sind der Sympathikus (für Anspannung und Aktivität – »Fight or Flight«) und der Parasympathikus (für Erholung und Entspannung – »Rest and Digest«). Der Vagusnerv, auch als »umherschweifender Nerv« bekannt, spielt eine zentrale Rolle und erstreckt sich vom Gehirn bis zu den inneren Organen. Er beeinflusst nicht nur die Entspannung, sondern ihm wird auch eine entscheidende Bedeutung für soziale Interaktion, Emotionsregulation, Sicherheit und Verbundenheit zugesprochen.
In einem regulierten Nervensystem spielen Sympathikus und Parasympathikus optimal zusammen. Sie steuern, welche Körperfunktionen in bestimmten Situationen wichtig sind und regulieren die unwichtigen Funktionen herunter. Wenn Stress jedoch über einen längeren Zeitraum anhält, kann ein Ungleichgewicht entstehen, was zu gesundheitlichen Problemen führen kann. Deshalb ist es wichtig, angemessen auf Stress zu reagieren, ausreichende Ruhephasen einzuplanen und gut für sich selbst zu sorgen. Achtsamkeit kann helfen, die Signale des Körpers besser wahrzunehmen. In akuten Stresssituationen kann es hilfreich sein, zunächst das Nervensystem zu beruhigen und sich wieder zu sammeln. Hierbei können beispielsweise tiefe Atemzüge oder Übungen zur Stimulation des Vagusnervs, wie Summen oder Singen, unterstützend wirken. Entdecke deine ganz persönlichen Methoden zur Entspannung.
Auch wenn das Stresserleben von Person zu Person unterschiedlich ist, kann das Verständnis um ein reguliertes Nervensystem dazu beitragen, gut für sich selbst zu sorgen. Kenne deine persönlichen Stressanzeichen – das können zum Beispiel Reizbarkeit, Niedergeschlagenheit, Versagensängste, Verspannungen, Kopfschmerzen oder Magen-Darm-Probleme sein. Reagiere auf deine Stresssignale und plane rechtzeitig Erholungspausen ein. Eine unkomplizierte Achtsamkeitsübung könnte sein, dich zwischendurch zu fragen: »Wie geht es mir gerade? Welche Körperempfindungen, Gefühle und Gedanken sind gegenwärtig?« Akzeptiere alles, was sich zeigt, und sage zu dir selbst: »Es ist in Ordnung, dass ich mich so fühle.«
Weitere Anregungen findest du in der Aufzeichnung zum Online-Event »Point of View: Den Alltag meistern«.
Jana Scheible-Khedekar hat Psychologie (B.Sc.) und Soziologie (M.Sc.) studiert. Sie leitet Workshops und schreibt zu mentaler und emotionaler Gesundheit. Außerdem praktiziert Jana als körperorientierte Coach und unterrichtet Yoga und achtsamkeitsbasierte Meditation.